Kann eine erwachsene Person ihre Angelegenheiten aufgrund ihrer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung nicht mehr ohne Gefahr, sich selbst zu schaden, alleine besorgen, so kommt eine gesetzliche Erwachsenenvertretung in Betracht.
Diese Vertretungsart kommt nur dann in Frage, wenn die erwachsene Person ihre Vertreterin/ihren Vertreter nicht mehr selbst wählen kann oder will.
Es gibt die Möglichkeit, der gesetzlichen Erwachsenenvertretung oder der Vertretung durch bestimmte Angehörige vorab zu widersprechen. Dieser Widerspruch muss im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) registriert werden, um wirksam zu sein.
Für die gesetzliche Erwachsenenvertretung kommen nur nächste Angehörige der betroffenen Person in Frage. Dazu gehören
- Eltern,
- Großeltern,
- volljährige Kinder,
- volljährige Enkelkinder,
- Geschwister,
- Nichten/Neffen,
- Ehegatten,
- die eingetragene Parterin/der eingetragene Partner,
- Lebensgefährten, die seit drei Jahren im gemeinsamen Haushalt leben und
- Personen, die in einer Erwachsenenvertreter-Verfügung genannt sind.
Die Familie soll sich untereinander einig werden, wer die Person in welchen Angelegenheiten vertreten soll. Auch mehrere Angehörige nebeneinander können gesetzliche Erwachsenenvertreter sein, deren Wirkungsbereiche dürfen sich aber nicht überschneiden. Kann sich die Familie nicht einigen, so kommt statt der gesetzlichen Erwachsenenvertretung eine gerichtliche Erwachsenenvertretung in Frage.
Die/der nächste Angehörige und deren Wirkungsbereich muss bei einer Notarin/einem Notar, einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschutzverein im ÖZVV eingetragen werden.
Zuständigkeitsbereich des gesetzlichen Erwachsenenvertreters
Die möglichen Wirkungsbereiche des gesetzlichen Erwachsenenvertreters sind im Gesetz genau vorgegeben. Die Vertretung kann folgende Bereiche betreffen:
- Vertretung in Verwaltungsverfahren/Verfahren vor Verwaltungsgerichten (z.B. Antrag auf Pflegegeld)
- Vertretung in gerichtlichen Verfahren
- Verwaltung von Einkünften, Vermögen, Verbindlichkeiten
- Abschluss von Rechtsgeschäften zur Deckung des Pflege- und Betreuungsbedarfs
- Entscheidung über medizinische Behandlungen und Abschluss von damit im Zusammenhang stehenden Verträgen
- Änderung des Wohnorts und Abschluss eines Heimvertrags
- Vertretung in anderen personenrechtlichen Angelegenheiten (z.B. Scheidung)
- Abschluss von nicht bereits genannten Rechtsgeschäften (z.B. Verkauf eines Autos)
Widerspricht die zu vertretende Person der Vertretung, dann darf die gesetzliche Erwachsenenvertretung nicht eingetragen werden! Der Widerspruch kann einzelne Bereiche oder auch die gesamte Vertretung betreffen.
Hinweis
Die vertretene Person wird in ihrer Geschäftsfähigkeit nicht automatisch eingeschränkt, auch wenn sie eine Vertretungsperson hat. Wenn die vertretene Person entscheidungsfähig ist, kann sie auch weiter gültig Geschäfte abschließen. Nur wenn sie nicht entscheidungsfähig ist, ist zur Wirksamkeit des Geschäfts die Zustimmung der Vertretungsperson erforderlich!
Beginn und Ende der gesetzlichen Erwachsenenvertretung
Die gesetzliche Erwachsenenvertretung wird mit der Eintragung in das Österreichische Zentrale Vertretungsverzeichnis (ÖZVV) wirksam. Die Eintragung wird von der Notarin/dem Notar, der Rechtsanwältin/dem Rechtsanwalt bzw. dem Erwachsenenschutzverein vorgenommen.
Die gesetzliche Erwachsenenvertretung endet
- mit dem Tod der vertretenen Person,
- mit dem Tod der/des Vorsorgebevollmächtigten,
- wenn ein Gericht die gesetzliche Erwachsenenvertretung mit Beschluss beendet, z.B. weil die Erwachsenenvertreterin/der Erwachsenenvertreter nicht zum Wohl der vertretenen Person handelt,
- wenn die vertretene Person einen Widerspruch äußert und dieser im ÖZVV eingetragen wird,
- sonst automatisch nach drei Jahren.
Soll die gesetzliche Erwachsenenvertretung nach drei Jahren nicht enden, so ist eine erneute Eintragung vor Ablauf möglich.
Kosten einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung
Die Kosten für die Errichtung einer gesetzlichen Erwachsenenvertretung unterscheiden sich je nach Errichtungsstelle. Bei den Erwachsenenschutzvereinen kostet die Errichtung und Registrierung 50 Euro. Für einen Hausbesuch wird ein Zuschlag von 25 Euro verrechnet. Wenn dadurch die Befriedigung der Lebensbedürfnisse der vertretenen Person gefährdet wird, heben die Erwachsenenschutzvereine keine Kostenbeiträge ein.
Bei einer Notarin/einem Notar, einer Rechtsanwältin/einem Rechtsanwalt werden die Kosten individuell vereinbart.
Der Erwachsenenvertreterin/dem Erwachsenenvertreter steht grundsätzlich ein Aufwandsersatz zu. Fallen ihr/ihm bei der Vertretung Kosten an, so muss sie/er einen Antrag bei Gericht auf Bestimmung des Aufwandersatzes stellen.
Weiterführende Links
Rechtsgrundlagen
- §§ 268 bis 270 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB)
- §§ 130 bis 138 Außerstreitgesetz (AußStrG)
- § 4e Erwachsenenschutzvereingesetz (ErwSchVG)
Für den Inhalt verantwortlich: Bundesministerium für Justiz